Werke von magischem Licht

„Atelierhaus “ – ein blau-weißes Schild an einem alten Schifferhaus an der Elbe weist auf eine Kunststätte hin. Auf dem Bleichenberg in Tangermünde hat sich der freischaffende Maler und Grafiker Karl- Heinz Thoma sein Domizil geschaffen. Es ist Sommersitz,  Sehnsuchtsort und offener Begegnungsraum zugleich. Die zauberhafte
Flusslandschaft liegt direkt vor der Haustür. Der Maler braucht nur nach dem Pinsel zu greifen, um die Schönheit der Auen oder das mittelalterliche Stadtpanorama seiner Heimatstadt auf die Leinwand zu bringen. Karl-Heinz Thoma ist ein Künstler der Altmark. Seit 1965 ist der studierte Maler und Grafiker im Landkreis Stendal ansässig. Sein künstlerisches Gesamtwerk, geschaffen in zwei Gesellschafts-systemen, umfasst rund 4000 Arbeiten.

Im Kriegsjahr 1939 in Tangermünde geboren, wuchs Karl-Heinz Thoma in der zu Wohnzwecken umgebauten Nikolaikirche am Stadttor auf. Seine außergewöhnliche Begabung im Zeichnen wurde schon in frühester Kindheit entdeckt. In der Schule war er sogar vom Kunstunterricht befreit, weil die Lehrer ihm nichts mehr vermitteln konnten. Thoma war durch sein Naturtalent dazu berufen, Kunst zu studieren, bewarb sich aber erst nach der Ausbildung zum Stellmacher um einen Studienplatz. Die Aufnahmeprüfung an der Berliner Hochschule für angewandte Kunst schaffte er 1961 mit Bravour. Ein Angebot, in der Hauptstadt tätig zu werden, schlug er aber aus. Thoma kehrte nach dem Studium in seine Heimatstadt zurück. Die Stadt Tangermünde gewährte dem Künstler jede Unterstützung. Sie verschaffte ihm auch eine eigene Werkstatt für die schöpferische Betätigung. Angestellt war Karl-Heinz Thoma in der Kreisverwaltung Stendal. Als Fachmethodiker für bildende Kunst und Kunsterzieher im Kreiskabinett für Kulturarbeit gab er sein Wissen an Kunstzirkel und Arbeitsgruppen weiter.
Der Wunsch, nur der Profession und Leidenschaft nachzugehen, wurde in ihm immer stärker. 1970 wagte Karl-Heinz Thoma einen für DDR-Verhältnisse sehr ungewöhnlichen und mutigen Schritt: Er stellte den Antrag, selbständig als freischaffender Maler und Grafiker tätig zu werden.

„Ich folge doch nur konsequent
meinem malerischen
Empfinden“

Dem Künstler war durchaus bewusst, dass der sozialistische Realismus die
offizielle Doktrin der DDR-Kulturfunktionäre war. Freischaffende, die sich nicht dem Naturalismus mit ideologisch-positiver Aussage zum Aufbau des Staates DDR widmeten, hatten mit Schwierigkeiten zu rechnen. Karl-Heinz Thoma nahm die Herausforderung an. Seine Entwürfe zu Kunstwerken über die Arbeitswelt der Werktätigen und Bauern oder zur Ausschmückung
von Kinder- und Jugendeinrichtungen erhielten problemlos die Zustimmung. Die Ausgestaltung des Bürohochhauses und des Speisesaals des Faser- und Spanplattenwerkes, auch das großflächige Wandbild zur Stadtgeschichte im Sitzungssaal des Rates der Stadt waren öffentliche Großaufträge, die Thoma in Tangermünde künstlerisch umsetzen konnte.
Neben der Kunst am Bau schuf der Maler auch Werke auf Bestellung.
Es ist die Magie des Lichts der norddeutschen Landschaft, die den Maler zu atmosphärischen Werken inspiriert. Wer Thomas Bilder sieht, ist berührt von dem Reiz, der über den Flussauen und den herbstlichen Feldern der Altmark liegt. Seine Landschaftsbilder erinnern entfernt an die Werke des englischen Malers William Turner (1839–1924). In der impressionistischen Malweise und in dem besonderen Gefühl für Farb- und Lichtmischungen, die dem Betrachter die Stimmung einer bewegten Natur erlebbar machen, lassen sich wirklich Parallelen entdecken. Thoma lächelt über solche Vergleiche. „Ich folge doch nur konsequent meinem malerischen Empfinden“, sagt er.
Mit den marktwirtschaftlichen Verhältnissen nach der Wiedervereinigung Deutschlands ist der freischaffende Maler besser zurechtgekommen als mancher Kunstkollege im Land. Seit 1982 ist er in der Tangermünder Altstadt mit einer Galerie vertreten. Auch das Atelierhaus an der Elbe ermöglicht die Begegnung mit der Kunst und dem Künstler. Es ist ein offenes Haus für Malschüler und Kunstliebhaber. Die Landschafts- und Städtebilder, Stillleben und gesellschaftskritischen Werke des altmärkischen Malers sind in beiden Kunsthäusern ausgestellt.