Bodo Ramelow
Bodo Ramelow ist der erste linke Ministerpräsident Deutschlands. Der geborene Niedersachse
führt in Thüringen eine Koalition mit SPD und Grünen an. Was ihn als „Wessi“ mit der Altmark verbindet und warum ihm der ländliche Raum besonders am Herzen liegt, erzählte er 2019 in einem emotionalen
Gespräch.
„Meine Familie kommt aus der Altmark. Mein Vater ist in Kricheldorf bei Salzwedel geboren und war dort verheiratet. Nach dem Krieg ist er im Westen geblieben. Er hat dann nach der Scheidung von seiner Frau eine neue Familie gegründet. Die Ost-Vergangenheit war lange Zeit ein Tabuthema in unserer West-Familie. Nach dem Tod meines Vaters haben meine Geschwister und ich nach unserer Verwandtschaft in der DDR gesucht. Mit Hilfe der evangelischen Kirche sind wir bei Kalbe/Milde fündig geworden. Dort habe ich dann die Ramelow-Zwillinge kennen gelernt. Das heißt, zunächst nur einen.
In den 1980ern bin ich häufig nach Bühne zu meinem Halbbruder gefahren. Wenn ich zu Besuch kam, musste der andere Bruder das Dorf verlassen, damit wir uns nicht begegnen. Er war Volkspolizist. Westkontakte waren ihm verboten.
Auch ich musste übrigens die Kontakte in die DDR meinem damaligen Dienstherrn, der Gewerkschaft, melden. Das Misstrauen bestand also auf beiden Seiten. Den zweiten Bruder habe ich dann erst in der Silvesternacht 1989/90 kennen gelernt. Der Nachbar meines Bruders Manfred in Bühne war der Kirchenältesten Otto Gommel, der bei meinem allerersten Besuch vorbeischaute. Eine sehr beeindruckende Persönlichkeit. Die beiden waren beste Freunde und ein bisschen wie Don Camillo und Peppone. Der erste Bruder ist leider inzwischen verstorben. Den
zweiten habe ich zuletzt zu seiner Goldenen Hochzeit in Kalbe besucht. Er war bis zur Pensionierung bei der Kriminalpolizei Sachsen-Anhalts tätig.
Die altmärkischen Wurzeln haben mein Leben und meine Karriere beeinflusst. Ohne diese Verbindung ließe sich überhaupt nicht erklären, warum ich heute Ministerpräsident von Thüringen bin. Über diese Besuche habe ich
den Weg in die DDR und zu den Menschen dort gefunden. Ich habe auch gemerkt, in welch unterschiedlichen
Welten wir lebten. Im Februar 1990, ich arbeitete bei der Gewerkschaft in Marburg, rief mich mein Chef an. Er sagte: „Du bist doch andauernd im Osten. Im Centrum Warenhaus in Erfurt soll ein West-Gewerkschaftssekretär einen Vortrag halten. Wäre das nichts für dich?“ Am 28. Februar 1990 bin ich dann das erste Mal dienstlich in die DDR gestartet. So bin ich nach Thüringen gekommen. Vier Jahre lang war ich dann in Berlin in der Bundespolitik. Ich
war froh, als ich 2009 wieder nach Thüringen gehen konnte. Ich wollte nie auf die Bundesbühne. Ich bin Thüringer und freue mich, dort mein zu Hause gefunden zu haben. Die Altmark ist für mich Heimat. Meine gelebte Heimat ist Thüringen. Aber das Emotionale, das ich mit meinem Vater und meiner Familie verbinde, verkörpert die Altmark. Ganz besondere Erinnerungen verbinde ich mit „Feine Sache“ (eine frühere Ausflugsgaststätte bei Klötze). Im dortigen Tiergehege haben wir oft die Bären besucht, um danach in der Gaststätte die Altmärker Hochzeitssuppe zu löffeln. Einfach schön.“
Geboren am 16. Februar 1956 in Osterholz-Scharmbeck, verheiratet, zwei Kinder
Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in Gießen
1981 - 90
Gewerkschaftssekretär in Mittelhessen
1990 - 99
Landesvorsitzender der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen
1999 – 2005
Mitglied des Thüringer Landtags, ab 2001 Vorsitzender der PDSLandtagsfraktion
2005 – 2009
Mitglied des Deutschen Bundestages; Stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE.
2009 - 12/2014
Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE
2009 - 31. März 2015
Mitglied des Thüringer Landtags
seit 5. Dezember 2014
Ministerpräsident des Freistaats Thüringen